Mit einer Graffiti-Aktion hat die Caritas im Bistum Dresden-Meißen am 15. Dezember vor der Dresdner Altmarktgalerie auf den Zusammenhang von Armut und Krankheit aufmerksam gemacht. Sie war Teil der diesjährigen Jahreskampagne „Armut macht krank“ des Deutschen Caritasverbandes. Die beiden sächsischen Street-Art-Künstler Filip Walter (Leipzig) und Benjamin Zschoche (Radebeul) entwarfen vor den Augen der Passanten ein Bildnis in Spray- und Stenciltechnik, welches das Jahresthema der Caritas aufnahm und zum Nachdenken anregen wollte.
Fotografieren darf man sie nur von hinten oder von der Seite, frontale Fotos von Sprayern sind in der Szene verpönt. An diesem Samstagvormittag brauchen sich Filip Walter und Benjamin Zschoche aber nicht zu verstecken, denn die Caritas-Aktion vor der Dresdner Altmarktgalerie ist ganz legal. Langsam entsteht vor den Augen der Umstehenden ein Bild, zwei mal vier Meter: Auf verschieden großen „Geldbergen“ stehen Menschen aus unterschiedlichen sozialen Schichten. Wer mehr zur Verfügung hat, kann offensichtlich auch mehr ausgeben und sieht besser aus. Auch was seine Gesundheit anbelangt. In der Mitte eine Silhouette mit der Aufschrift: „Und du?“ Wo stehst du, wenn es um eine angemessene gesundheitliche Versorgung geht? Und vor allem: Was tust du, wenn du merkst, dass das System nicht gerecht ist?
Viele Passanten bleiben stehen, einige schauen überrascht, andere fühlen sich provoziert, die meisten sind nachdenklich. „Es ist die Zeit der Weihnachtsmärkte, aber auch die Zeit der Ruhe, der Besinnung, der Familie“, sagt Mechthild Gatter, Abteilungsleiterin für Fachberatung und Sozialpolitik im Caritasverband für das Bistum Dresden-Meißen. „Da ist so eine Aktion wie ein kleiner Stachel im Fleisch. Aber gerade in diesen Zeiten sollten wir fragen, wie gerecht diese Gesellschaft ist, sodass auch Menschen mit wenig Geld eine gute gesundheitliche Versorgung bekommen.“ Mechthild Gatter begrüßt deshalb die Abschaffung der Praxisgebühr zum 1. Januar 2013. „Für einkommensschwache Menschen war sie eine große Hürde. Bei aller Bescheidenheit dürfen wir als Caritas vielleicht sagen, dass die diesjährige Kampagne auch dazu beigetragen hat, dass politisch vernünftige Entscheidungen getroffen werden.“
Für den Sprayer Filip ist soziale Gerechtigkeit nicht nur Aufgabe der Caritas. „Die Kunst sollte dazu beitragen, dass wir alle darüber nachdenken, wie wir zusammen leben wollen. Ein zu großer Abstand zwischen oben und unten schafft Unfrieden. Ich bin sehr froh, dass die Caritas so etwas aufgreift.“, sagt der Leipziger. „Aber etwas besseres Wetter hättet Ihr bei eurem Chef bestellen können“. Dann versprüht er bei leichtem Regen und Frost die letzte rote Farbe im Caritas-Logo. „Es hat echt Spaß gemacht mit euch.“
Ohne Solidarität kein gesellschaftlicher Zusammenhalt
Das Jahresthema „Armut macht krank“ gehört zu der dreijährigen Initiative „Solidarität und gesellschaftlicher Zusammenhalt“, die die deutsche Caritas bereits im letzten Jahr ins Leben gerufen hat. Sie möchte allen, die ihr solidarisches Bewusstsein vertiefen und konkret leben wollen, Angebote machen und Rückenstärkung bieten. Gemeinsam sollen Schritte zu einer solidarischen Gesellschaft gegangen werden. Solidarität lässt sich auf allen Ebenen des menschlichen Lebens verwirklichen: zwischen einzelnen Personen, in der Familie ebenso wie auf der Ebene von Gruppen und Institutionen und in politischen Handlungsfeldern. „Ohne Solidarität gibt es keinen gesellschaftlichen Zusammenhalt. Das müssen wir uns immer wieder klar machen“, sagt der Caritasdirektor für das Bistum Dresden-Meißen, Matthias Mitzscherlich.