Eigenständig im Alltag:
Moderne Sensorentechnik stören
den Tagesablauf nicht.
Die kleinen Alltagshelfer können beispielsweise am Herd oder Wasserkocher
angebracht werden.
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Tunstall GmbH
Brilon
. Die meisten älteren Menschen wünschen sich, so
lange wie möglich in der eigenen Wohnung zu leben. Ein Wunsch, den sie mit
ihren Angehörigen teilen. Auch der Gesetzgeber hört diesen Wunsch gern, denn
heute lautet der Leitgedanke „Ambulant vor Stationär“. Mit dem vom
Hochsauerlandkreis geförderten Pilotprojekt „Einsatz intelligenter und moderner
AAL-Techniken in der Häuslichkeit“ will der Caritasverband Brilon (CVB) Senioren
ermöglichen, möglichst lange in ihrem gewohnten Lebensumfeld zu bleiben.Eingesetzt
werden dafür sogenannte „smarte Techniken“. Das sind beispielsweise Licht- und
Bewegungssensoren, die außergewöhnliche Alltagssituationen registrieren und
darauf reagieren.
„Die Interessen der Anwender stehen dabei im Vordergrund“, betont Karen
Mendelin, Fachbereichsleiterin der Alten- und Krankenhilfe des CVB: „Neben dem
Einsatz der Technik ist für uns eine hohe Beratungsqualität und Begleitung von
zentraler Bedeutung. Wir beschäftigen uns auch damit, wie wir Menschen
motivieren können, einen sinnvollen Einsatz von alltagsunterstützenden
Technologien zuzulassen.“ Einsatzmöglichkeiten zeigt Projektkoordinatorin Jutta
Hillebrand-Morgenroth auf: „Ein Sensor kann beispielsweise am Kühlschrank
angebracht werden. Wird der Kühlschrank etwa zwei Tage lang nicht geöffnet,
wird das notiert. Dann kann nachgehorcht werden: War der Angehörige beim
Nachbarn zum Essen eingeladen, oder hat er wirklich vergessen, zu essen?“
Weitere Anwendungsbereiche wären beispielsweise: Ein Bewegungssensor, der
Ruhephasen und die Verweildauer im Bett registriert. Lichtschranken, die den
Weg zur Toilette begleiten. „Sollte plötzlich kein Rückweg mehr verzeichnet
werden, würde nach einem individuell abgesprochenen Zeitraum dann automatisch
der Hausnotruf alarmiert“, sagt Projektkoordinatorin Jutta
Hillebrand-Morgenroth. Diese smarten Techniken könnten mit dem altbekannten
Hausnotrufdienst gut verglichen werden: „Es geht darum, den Menschen zu helfen,
nicht sie zu kontrollieren“, unterstreicht die Expertin. Es sind präventive
Hilfen. Sozusagen ein Frühwarnsystem, um Verhaltensänderungen oder
Versorgungsdefizite frühzeitig zu erkennen und damit rechtzeitig reagieren zu
können. Ähnlich wie der Hausnotrufdienst begleitet auch die Sensortechnik die
Menschen in ihren unterschiedlichen Alltagswelten, jedoch ohne dass sie dabei
Komfort oder Gewohnheiten einbüßen müssen.
Die Sensoren an Bett, Herd, Wasserkocher oder Mikrowelle sind klein und stören
daher weder den Tagesablauf noch die Nachtruhe. Die erhobenen Daten werden
ebenfalls lautlos via Internet transportiert und von einem Statistiksystem
erfasst und ausgewertet. Die Auswertung ist übersichtlich dem Ampelsystem
entlehnt: Eine Warnung erfolgt in Rot, wenn ein außergewöhnliches Verhalten
registriert wird. „Viele Angehörige sorgen sich, ob sich ihre älteren und
allein lebenden Menschen gut ernähren, regelmäßig ihre Medikamente einnehmen
oder ihr Tages- und Nachtrhythmus auch wirklich Bewegungs- und Erholungsphasen
hat“, hat Jutta Hillebrand-Morgenroth in vielen Gesprächen erfahren. Sorgen,
die bedrücken, mitunter auch hilflos machen können. „Durch die smarten Techniken
können sich die Angehörigen zu Hause an ihrem Computer ein Bild verschaffen,
denn die Datenauswertung kann täglich, wöchentlich oder monatlich verglichen
werden.“ Dabei unterliegt das System natürlich dem Datenschutz.
Mit der Markteinführung dieser smarten Techniken im Oktober 2012 startete auch
die Erprobungsphase im Caritasverband Brilon. Derzeit nehmen drei Senioren und
deren Angehörige an der Pilotphase teil. „Und wir würden uns freuen, wenn sich
noch weitere Testhaushalte finden würden“, lädt Jutta Hillebrand-Morgenroth
ein. Sie informiert auch über das Projekt und den „Einsatz intelligenter
AAL-Techniken in der Häuslichkeit“ unter der Nummer (0 2 96 1) 97 19 35.
INFO:
Besonders geeignet für Demenz-Patienten
Die Abkürzung AAL steht für Ambient Assisted Living. Frei übersetzt heißt das:
selbstbestimmtes Leben durch innovative Technik. Die Technik soll sich nach den
Bedürfnissen der Nutzer richten und nicht umgekehrt. Der Technikeinsatz bezieht
sich auf ein Umgebungs- und Verhaltensmonitoring, das abweichende
Verhaltensmuster registriert und mit den individuellen Versorgungsproblemen
abgleicht. Anhand der Auswertung kann weitere Hilfe organisiert werden. Da das
System nicht vom Benutzer bedient werden muss, ist es besonders auch für die
Unterstützung demenziell erkrankter Menschen geeignet.
Projektleiterin und Ansprechpartnerin Jutta Hillebrand-Morgenroth