Eine gute Pflege mit besseren Rahmenbedingungen - für die Pflegekräfte und die pflegebedürftigen Menschen - das ist eine der zentralen Forderungen der Caritas. Im Rahmen einer Caritas-Sommertour, die gemeinsam vom Caritasverband für das Bistum Aachen und der Caritas für Krefeld und Meerbusch organisiert wurde, sprach die Caritas mit der Politik über diese wichtige soziale Aufgabe. Zudem wurde über das ebenso bedeutende Themenfeld "Integration - Migration" diskutiert. Eingeladen zum Austausch waren Bundestagsabgeordnete sowie Kandidatinnen und -Kandidaten für den Bundestag verschiedener Parteien.
Am Vormittag der Sommertour stand das Thema Pflege im Fokus. Die Caritas lud zu einer Radtour vom Hansa-Haus zum Landhaus Maria Schutz der Caritas in Krefeld-Traar ein. Dort besuchte die Gruppe zunächst das Altenheim der Caritas mit 80 Plätzen sowie den Neubau einer Tagespflege für zwölf pflegebedürftige Menschen.
Nach dem Rundgang durch die Tagespflege, die im Herbst eröffnet wird, erörterten die Krefelder Caritasheime-Geschäftsführungen Nina Dentges-Kapur und Delk Bagusat sowie Dr. Andreas Wittrahm und Stephan Reitz vom Aachener Diözesancaritasverband mit der Bundestagsabgeordneten Kerstin Radomski (CDU), der Landtagsabgeordneten Ina Spanier-Oppermann (SPD) und dem Kandidaten für den Bundestag Sebastian Schubert (Linke) die Rahmenbedingungen für eine gute Pflege. In der Runde wurde viel diskutiert über die nicht auskömmliche Refinanzierung der Pflege und die komplexen Förder- und Finanzvorgaben. Dabei gaben die Heimleitungen Thorsten Stockhausen und Beate van Tintelen sowie Bewohnerin Carola Müller einen Einblick in ihre täglichen Erfahrungen - vor und während der Corona-Pandemie.
"Mit der Politik sind wir uns einig, dass die Gesellschaft nicht so durch die bisherige Corona-Krise gekommen wäre, wenn sich die Pflegekräfte nicht so verantwortungsvoll eingesetzt hätten", erklärte später Stephan Jentgens, Caritasdirektor für das Bistum Aachen. Die Pflege müsse dauerhaft wertgeschätzt und auch besser bezahlt werden. "Daher begrüßen wir es, dass sich die Politik jetzt darauf verständigt hat, dass nur noch die Pflegedienste und Altenheime Leistungen aus der Pflegeversicherung erhalten, die sich an einem Tarif orientieren", sagte Delk Bagusat. Wie diese Tarifbindung allerdings umgesetzt werde, das bleibe noch spannend. Auch das neue Instrument der Personalbemessung müsse weiterentwickelt und dringend auch für die ambulante Pflege eingeführt werden. Einer Studie zufolge fehlt in der Pflege 36 Prozent Personal, um allen Aufgaben in einem Heim gerecht werden zu können. Gerade in der Corona-Krise seien die Fachkräfte der Caritas zur Gesundheitlichen Vorsorgeplanung (GVP) viel gefragte Gesprächspartner gewesen. Diese Angebote müssten ebenfalls für die ambulante Pflege entwickelt werden.
Weiterhin fordert die Caritas, dass Pflegebedürftigkeit kein Armutsrisiko sein darf. Die Begrenzung der Eigenanteile der Bewohnerinnen und Bewohner von Altenheimen sei ein erster
Schritt. Aber gerade auch die Menschen in der häuslichen Pflege müssten eine Entlastung
erfahren. So müsse die Kombinationsmöglichkeit unterschiedlicher Leistungen (z.B. Tagespflege und Sachleistungen) unbedingt erhalten bleiben. "Wenn wir ambulant vor stationär wollen, dann dürfen wir hier nicht sparen", forderte Nina Dentges-Kapur. Das Fazit: Es braucht dringend eine umfassende Pflegereform in der nächsten Legislaturperiode, die die Pflege wieder attraktiver mache.
Beim zweiten Teil der Sommertour befasste sich die Caritas im Gespräch mit den Bundes-tagsabgeordneten Ansgar Heveling (CDU) und Ulle Schauws (Grüne) sowie den Bundes-tags-Kandidat*innen Dr. Michael Terwiesche (FDP) und Sebastian Schubert (Linke) mit den Themen "Integration - Migration" sowie dem Subsidiaritätsprinzip. Beim Caritasverband für die Region Krefeld e.V. gibt es für diese Aufgaben einen eigenen Fachdienst, in dem viele verschiedene Sprachen gesprochen werden. Allein im vergangenen Jahr wurden (trotz Pandemie!) 550 Flüchtlinge und 756 Migranten beraten.
Die Politik hat begonnen Stellen in der Migrationsberatung abzubauen. "Dabei wissen wir aus Erfahrung, dass die weitere Migrationsberatung - also die Unterstützung, wenn die Menschen bereits über einen Aufenthaltstitel verfügen - für eine gute, langfristige Integration sehr wichtig ist", er-klärte Augusta Moreira-Genz, Leiterin des Fachdienstes. Die Menschen bräuchten Beratung auf dem Weg ins Berufsleben, bei der Familien-Organisation, der Freizeitgestaltung und vieles mehr. Vor fünf Jahren ist zum Beispiel Narin M.Saed aus Syrien mit ihrer Familie nach Krefeld gekommen. Die Mutter von zwei Kindern hat in Aleppo als Grundschullehrerin gearbeitet. Hier in Deutschland hat sie schnell die deutsche Sprache gelernt, aber muss sich jetzt komplett neu orientieren und organisieren. Zum Migrationsdienst der Caritas hat sie großes Vertrauen aufgebaut und lässt sich hier gerne beraten. Inzwischen engagiert sich Narin M. Saed selbst ehrenamtlich in der Beratung und ist Ansprechpartnerin für ein großes Netzwerk von etwa 200 Migrantinnen in Krefeld. Das Beispiel zeigt, dass der Bedarf an Beratung nicht abnimmt, sondern eher zunimmt. Daher fordert die Caritas eine Stärkung der Migrationsberatung.
Als drittes Themenfeld sprachen Caritas und Politik über das Subsidiaritätsprinzip und sei-ne Probleme. "Die Caritas ist wie die Freie Wohlfahrtspflege insgesamt Partner staatlicher und kommunaler Stellen. Zu der damit verbundenen Verantwortung bekennen wir uns ausdrücklich, erwarten zugleich aber auch eine auskömmliche Finanzierung dieser Aufgaben", sagte Diözesancaritasdirektor Jentgens. Vor allem in Ausschreibungsverfahren werde dieses Prinzip jedoch bei Fragen der Qualifikation, Erfahrung und Tarifbindung der Mitarbeitenden problematisch, weil ein langjähriger Dienst, der sich vielfach das Vertrauen der Klient*innen erworben habe, meistens teurer sei, als ein neuer Anbieter. Die Bundespolti-ker*innen nahmen diese Informationen interessiert auf und sagten zu, für eine neue Wertung innerhalb des Subsidiaritätsprinzipes zu werben.
Die Caritas-Sommertour ist eine gemeinsame Aktion des Caritasverbandes für das Bistum Aachen als Spitzenverband der Freien Wohlfahrtspflege mit den regionalen Caritasverbänden. Gerade im Vorfeld der Bundestagswahl möchte die Caritas konkret mit den Frauen und Männern ins Gespräch kommen, die für den Deutschen Bundestag kandidieren. Die Herausforderungen der Zukunft seien nur gemeinsam zu bewältigen, so die Caritas. Politische Forderungen der verbandlichen Caritas im Bistum Aachen finden sich auch im Internet unter www.caritas-ac.de/positionen-zur-bundestagswahl