In Krefelder Betrieben absolvieren inzwischen mehr als 60 zugewanderte Menschen eine Berufsausbildung. Während sie in den Betrieben gut zurechtkommen, bereitet ihnen die Theorie aufgrund der Fachsprache und des anderen kulturellen Hintergrunds große Schwierigkeiten. Gemeinsam suchen Caritas, Flüchtlingsrat und die Flüchtlingskoordination der Stadt jetzt dringend nach ehrenamtlichen Nachhilfekräften mit fachspezifischen Kenntnissen in unterschiedlichen Berufssparten.
Von Ehrenamtlichen aus Traar kam der entscheidende Hinweis auf das Ausbildungsproblem der Zugewanderten. "Da haben wir Flüchtlinge unterstützt und in Ausbildung gebracht und jetzt kommen sie mit der Theorie nicht klar. In der Praxis klappt alles gut, aber in der Berufsschule nicht", berichtet Dr. Barbara Paniczek, ehrenamtliche Flüchtlingsbetreuerin. Erst hätten die Ehrenamtlichen des Traarer Koordinationskreises selbst versucht, beim Schulstoff zu helfen. "Aber wir stoßen da an Grenzen, denn das ist sehr fachspezifisch." Die jungen Flüchtlinge könnten zwar inzwischen ganz gut Deutsch, aber die Kenntnisse reichten nicht aus, um Fach-begriffe richtig einordnen zu können. Leider hätten einige der Zugewanderten jetzt schon entmutigt aufgegeben oder stünden kurz davor.
Auch beim Flüchtlingsrat, beim Fachdienst für Integration und Migration der Caritas sowie der Flüchtlingskoordination haben zugewanderte Azubis um Rat gebeten. "Daher starten wir jetzt diesen Aufruf und suchen qualifizierte Unterstützung", sagt Doris Schlimnat, städtische Flücht-lingskoordinatorin. Andreas Pamp, Fachbereitsleiter Migration und Integration bei der Stadt, sieht in den ausbildungsbegleitenden Hilfen ein bedeutungsvolles Thema. Denn schon eine Studie der Bertelsmann-Stiftung sei 2018 zu der Erkenntnis gelangt: Arbeitsintegration wird ohne Ehrenamt nicht gelingen. "Daher freue ich mich, dass es jetzt zu dieser gemeinsamen Initiative kommt", sagte Pamp.
Die Fragen und Bedarfe der zugewanderten Azubis sind sehr individuell und fachspezifisch. So berichtete Physiker Munther Mohammad Fawzi, der aus dem Irak nach Deutschland ge-flüchtet ist, dass er bei seiner Ausbildung zum Medizinisch-Technischen-Laborassistenten (MTLA) zwar durch intensives auswendig lernen gute Noten geschrieben habe, aber die Ein-ordung von Fachbegriffen falle schwer. Mustafa Almarai aus Syren macht hier an der Abend-schule gerade Abitur. "Ich habe Schwierigkeiten mit vielen Begriffen in Deutsch und Geschichte. Die Sprache ist wie eine Mauer", schildert er. Ein, zwei Stunden Nachhilfe in der Woche würden schon helfen.
Als Fachstelle für die Beratung und Vermittlung von Ehrenamtlichen verwies Eva Renard, Sachbereichsleiterin bei der Caritas, auf das Freiwilligenzentrum am Westwall. "Hier gibt es langjährige Erfahrungen mit dem Thema. Es sollten Wünsche, Kompetenzen und organisatori-sche Rahmenbedingungen wie die Frage nach zeitlichem Umfang und Ort des Engagements frühzeitig geklärt werden, damit eine gute Vermittlung erreicht wird", erläuterte sie. Die Ehren-amtlichen würden mit ihrem Engagement nicht allein gelassen. Die Caritas könne im Hansa-Haus Räumlichkeiten für den Nachhilfeunterricht anbieten. Die Zugewanderten seien motiviert, etwas zu lernen und sich hier etwas aufzubauen. "Diese positive Energie sollten wir nutzen. Wir dürfen nicht hinnehmen, dass sie aufgeben und dann bei Gelegenheitsjobs landen", findet Fatima Aladag vom Caritas-Migrationsdienst.
Ganz oben auf der Liste der gefragten Fachkenntnisse stehen der Gastronomiebereich, das Bäckerhandwerk, Altenpflege, Maler und Fliesenleger. Pensionierte Berufsschullehrkräfte und Handwerksmeister könnten hier sicher helfen. Eine genaue Liste der benötigten Fachkenntnis-se liegt inzwischen vor. Nähere Informationen gibt es bei der der Caritas (Emilia Kupferschmidt, Telefon 63 95 32 Kupferschmidt@caritas-krefeld.de), im Freiwilligenzentrum (Telefon 56 61 01, kontakt@freiwilligenzentrum-krefeld.de) oder bei der Stadt bei der Flüchtlingskoordi-nation (fluechtlingskoordinator@krefeld.de, Tel. 658420).
Termin: Am Mittwoch, 13. März, um 18 Uhr treffen sich die ersten Freiwilligen im Büro der Flüchtlingskoordination, St.-Anton-Straße 69-71.
Suchen gemeinsam nach Nachhilfekräften für zugewanderte Azubis (v.l.): Eva Renard (Sachbereichsleiterin bei der Caritas), Dr. Barbara Panicek (ehrenamtliche Flüchtlingsbetreuerin aus Traar), Doris Schlimnat (städtische Flüchtlingskoordinatorin), Mustafa Almarai aus Syrien, Fatima Aladag (Caritas-Fachdienst für Integration und Migration), Emilia Kupferschmidt (Caritas-Fachdienst für Integration und Migration) und Munther Mohammad Fawzi aus dem Irak.